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Rekord-Meldezahl zur Kreismeisterschaft

Als alle Daten und Ergebnisse eingetragen waren und das Meldeprogramm die Liste erstellt hatte, stand die Zahl: mit 64 Meldungen verzeichnet der BSV Rheinhausen-Bergheim 1925 e.V.  bei der Kreismeisterschaft 2017 des Kreises 031 Moers so viele Starts wie nie zuvor in der Vereinsgeschichte.

Rein statistisch liegt die Teilnahmequote der Mitglieder damit bei 100%. Faktisch treten allerdings die meisten Sportler gleich in 2-5 Disziplinen an. Nichts desto trotz kommt der BSV so immer noch auf eine Gesamtzahl von 23 Startern.

Der Grund für diesen Rekord ist so offensichtlich wie erfreulich: Seit annähernd zwei Jahren erhält der BSV einen anhaltenden Mitgliederzuwachs. In seiner Internetpräsenz positioniert sich der Verein als reiner Sportverein. Wenngleich die Abkehr vom Schützenbrauchtum nichts Neues ist, das letzte Schützenfest wurde 1975 abgehalten, so hat sich dies doch mittlerweile als der ausschlaggebende Punkt herauskristallisiert. Seit der BSV sein Profil gezielt kommuniziert, finden gerade jene ihren Weg zum Verein, die explizit den Schießsport suchen, mit Brauchtum aber wenig anfangen können.

Dass es den Neuzugängen nicht einfach nur ums Schießen, sondern um den Sport geht, zeigt sich nicht zuletzt an dem neuen Melderekord, bei dem sie ein Drittel der Starter ausmachen.  Für sie wie auch die wettkampferfahrenen Stammschützen stehen nun also mit der Kreismeisterschaft 2017 ab dem 05. und 06. November bis zum 10. und 11. Dezember die ersten weiterführenden Wettkämpfe des Sportjahres an.

Wie üblich stark vertreten sind, neben den Basis-Disziplinen Luftgewehr und Luftpistole, auch dieses Jahr wieder die Gewehr-Auflage-Disziplinen ab der Altersklasse. Zum ersten Mal an den Start gehen außerdem zwei Schützen in der hoch anspruchsvollen Freien Pistole. Durch den Kleinkalibergewehr-Dreistellungskampf, Liegendkampf und Sportpistole schließlich ist der BSV in der ganzen Bandbreite der olympischen Gewehr– und Pistolendisziplinen vertreten. Einzig für die Schnellfeuerpistole hat sich leider noch kein Interessent gefunden. Doch das mag sich mit zukünftigen Neuzugängen auch noch ändern.

Weltkulturerbe-Antrag für Schützenwesen – SPD, Grüne und Piraten lehnen Antrag ab – Ein Kommentar

Wie heute in der Tagespresse zu erfahren, haben die Regierungsparteien im Düsseldorfer Landtag zusammen mit den Piraten einen Antrag der CDU abgelehnt, die Aufnahme des Schützenbrauchtum in die Vorschlagsliste für Imaterielles Weltkulturerbe der Unesco besonders zu unterstützen.

Hierzu ein Kommentar:

Wenn von 570.000 Schützen die Rede ist, muss dies alle Mitglieder aller Schützenvereine im Land meinen. Die Initiative ging allerdings in erster Linie vom Bund der historischen deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) aus. Wie der Name schon andeutet, handelt es hierbei um einen Verband, der vor allem die Traditionspflege zum Ziel hat. Ein Sportverband ist er nur pro Forma aus waffenrechtlichen Gründen, ein Blick in die „Sportordnung“ des BHDS zeigt nicht eine einzige internationale Schießsportdisziplin. Damit repräsentiert dieser Verband sicherlich einen bedeutenden Teil, jedoch nicht alle Schützen, und ist auch nicht DER Schützenverband in NRW, wie andernorts, u.a. im Zusammenhang mit der Debatte um einen schwulen Schützenkönig, zuweilen betitelt. Und auch nicht alle Schützen sind in Bruderschaften organisiert.

Daneben (ich mag hier keine Wertung abgeben, wer der bedeutendere ist, zumal ich für den BHDS keine Mitgliederzahlen finden konnte) existieren in NRW der Rheinische Schützenbund (RSB, der allerdings im Süden bis zur Mosel reicht) und der Westfälische Schützenbund (WSB), Landesverbände des Deutschen Schützenbundes (DSB), und darüber Mitglieder im Deutschen Olympischen Sportbund. Der DSB unterstützt in seinen Landesverbänden zwar auch das traditionelle Schützenwesen, stellt aber als Dachverband des olympischen und internationalen Schießsports in der Bundesrepublik den Sport deutlich in den Vordergrund.

Das Brauchtum ist rückläufig

Dies spiegelt sich auch in den Vereinen wider. Anders als die brauchtumsorientierten Schützen-Bruderschaften setzen die Schützen-Vereine ihren Schwerpunkte jeweils unterschiedlich gewichtet zwischen Brauchtum und Sport. Manche sind Mitglied in beiden Verbänden. Die Tendenz insbesondere bei den kleineren RSB-Vereinen in der Region (Bezirk 03 Linker Niederrhein) geht aber schon seit Jahren in die Richtung, das Brauchtum weiter zurückzufahren. Öffentliche Schützenfeste finden allenfalls noch dort statt, wo der Schützenverein auch noch Dorfverein ist, oder in Anschluss an Stadtteilfeste. Schützenumzüge gibt es kaum mehr, in linkrheinischen Duisburg (Kreis 031 Moers) schon seit Jahrzehnten nicht mehr, in Moers sporadisch, und das obwohl der Kreis 38 Vereine zählt. Häufig ist das Schützenfest zur geschlossen Vereinsfeier geschrumpft, das Königsschießen wird als interner Wettkampf ausgetragen. Vielfach gibt es nicht einmal mehr das.

Kein Interesse mehr

Neben dem finanziellen Aspekt – nur wenige Vereine haben noch die Mittel, große Feste allein auszurichten – spielt das zurückgehende Interesse bei Mitgliedern wie auch, zumindest im städtischen Bereich, beim Publikum eine Rolle. So habe wir uns bereist 1975 komplett von Brauchtum und traditionellem Schützenwesen verabschiedet und agieren seither als reiner Sportverein, und dies in Kreis und Bezirk ausgesprochenen erfolgreich, mit drei Kreis- und einer Bezirksliga-Mannschaft (ja, sowas gibt‘s), letztere in diesem Jahr in die nächsthöhere Gruppe aufgestiegen, sowie 2012 und 2013 einer Mannschaft bei der Deutschen Meisterschaft.  Gerade in jüngster Zeit haben wir Zuwachs an Mitgliedern erhalten, die zu uns kamen aus Interesse am Schießsport und gerade WEIL wir kein Schützenbrauchtum pflegen. Schließlich benötigt Geselligkeit im Sinne von gemeinsamer Zeit und gemütlichem Beisammensein in anderen Sportvereinen auch weder Uniform noch Bierzelt.

Weltkulturerbe? Irrelevant

Vor diesem Hintergrund kann ich als Schützin zum Weltkulturerbe-Ansinnen eigentlich nur sagen, dass die Bestrebungen für uns völlig irrelevant sind. Für uns Sportschützen spielt dieser Titel keine Rolle. Wichtiger wäre uns, in der breiten Öffentlichkeit als Sportler ernst- und wahrgenommen zu werden. Aber das ist die Aufgabe der Dachverbände.
Traditionelles Schützen-Brauchtum hingegen rangiert auf etwa dem gleichen Level wie der traditionelle Rheinische Karneval. Es ist sicherlich ein regionales Kulturgut, und wer Freude daran hat, mag es betreiben. Aber so wie nicht jeder Rheinländer ein Jeck ist, ist nicht jeder Schütze ein traditioneller Schützenbruder. Wenn wenigstens diese Unterscheidung einmal deutlich und nachhaltig kommuniziert würde, wäre für uns und den Schießsport schon viel gewonnen.