100 Jahre BSV Rheinhausen-Bergheim

Im Dunkel der Geschichte (1925-1945)

Die Gründung unseres Vereins fiel – wie die Geschichtsschreibung aufzeigt – in eine Zeit wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten. Der Gedanke, dass die Gründungsmitglieder eine Gemeinschaft schaffen wollten, die Orientierung und Zusammenhalt bot, liegt nahe, vielleicht sogar im Sinne der neu entstandenen demokratischen Gesellschaftsordnung der Weimarer Republik. Immerhin gründeten sie einen Bürgerschützenverein, keine katholische Bruderschaft oder nationalistische Wehrsportvereinigung.

Ist der genaue Tag nicht überliefert, so doch der Ort: die Gaststätte Ohlmann In den Peschen in Bergheim, unmittelbar gegenüber der heutigen Sportanlage des VfL Rheinhausen, die damals noch eine Lehmgrube war. Bei Ohlmann wurden die Schützenfeste gefeiert und auch auf dem Saal mit Luftgewehren geschossen.

1933 endete die erste demokratische Republik der deutschen Geschichte. Das nationalsozialistische Regime brachte auch zivilgesellschaftlichen Vereinigungen unter seine Kontrolle. Vereinsvorstände wurden mit Parteianhänger besetzt, um bis in die untersten Ebenen Linientreue sicherzustellen. Es ist davon auszugehen, dass unser Verein, ob aus Überzeugung, Zwang oder Opportunismus, keine Ausnahme darstellte. Über etwaige Mitgliederausschlüsse in diesem Zusammenhang ist nichts mehr bekannt.

Sicher ist jedoch, dass 1945 unser Verein, wie alle anderen auch, unter das allgemeine Vereinsverbot der Siegermächte fiel.

Neugründung und Weiterführung (1953-1975)

Wann genau die Neugründung in der neu erstandenen Bundesrepublik stattfand, ist nicht bekannt. Lediglich das Jahr 1953 ist durch Fahne und Königskette dokumentiert. Das Vereinsleben indes setzte sich wohl ähnlich fort wie in der Vorkriegszeit. Die neue, noch heute gültige Satzung nennt „Pflege des Schießsports und des traditionellen deutschen Schützenwesens“ als Zweck und Aufgabe des Vereins. In den neuen Verbandsstrukturen des Schützenkreises Moers – damals noch identisch mit dem Kreis Moers – des Rheinischen Schützenbundes nahmen Vereinsmitglieder an Kreis- Bezirksmeisterschaften, Liga- und Pokalschießen teil.

Gleichzeitig wurde weiterhin das jährliche Schützenfest bei Ohlmann ausgerichtet, traditionell mit Vogelschießen und Umzug.

Aufgeteilt und unsichtbar (1975-2009)

Ein Jahr des Umbruchs gleich in mehrfacher Hinsicht bildete das Jahr 1975.

Die kommunale Neuordnung des Landes NRW führte zur Auflösung des Kreises Moers. Rheinhausen gehörte nun zu Duisburg. Bestrebungen des RSB, diese Neugliederung auch in den Verbandsebenen nachzuvollziehen, traf jedoch auf den gleichen erbitterten Widerstand. Die Rheinhauser Vereine wollten bei Moers bleiben, jahrzehntelang aufgebaute persönliche Verbindungen zwischen den Vereinen sollten nicht getrennt werden. Anders als in der Verwaltung setzten sich die Vereine gegen den Verband durch.

Gleichsam als Hinterlassenschaft der Stadt Rheinhausen wurde 1975 die Sporthalle Krefelder Straße eröffnet, einschließlich einer großen Schießanlage im Untergeschoss. Erstmals standen den Rheinhauser Schützenvereinen auch 25-Meter und 50-Meter-Bahnen für Kleinkalibergewehr und Sportpistole zur Verfügung. Damit konnte das sportliche Angebot auf die olympischen Kerndisziplinen erweitert werden. Erstmals trat auch eine Mannschaft in der Sportpistolen-Kreisliga an.

Das Schützenfest zum 50jährigen Vereinsbestehen 1975 indes sollte das letzte sein. Uneinigkeiten und Unfriede ebenso wie nachlassendes Interesse führten dazu, dass im Folgejahr kein Schützenfest mehr ausgerichtet wurde. Und dabei blieb es bis heute.

Zur gleichen Zeit erfolgte der Abschied von Ohlmann und der Umzug in den Trompeter Hof.  Im Keller des Trompeter Bahnhofs richtete der Verein ein kleines Vereinsheim mit fünf 10-Meter-Bahnen ein. Der einzelne Trainingstag wurde im Laufe der Jahre auf zwei erweitert. Freitagsabends trafen die Mitglieder sich nach dem Training in der Gaststätte zum gemeinsamen Essen. Auch das 75jährige Jubiläum 2000 wurde hier mit Feier und Tag der Offenen Tür begangen.

Mit zwei Trainingsstätten war der Vereine über Jahre praktisch zweigeteilt. Zwar kam man einmal im Jahr zur Jahreshauptversammlung im Trompeter Hof zusammen. Doch insbesondere die Pistolenschützen, die in Rheinhausen trainierten, kamen selten in den Bahnhofskeller. Lediglich die Luftpistolen-Liga-Wettkämpfe und später die Luftgewehr-Rundenwettkämpfe der Senioren wurden hier ausgetragen.

Nur einige der in Trompet ansässigen Altmitglieder nutzen den zweiten Trainingstag mit dem Luftgewehr im Bahnhof. Dafür war das Vereinsheim über Jahre Anlaufpunkt der seinerzeit stärksten Jugendabteilung der Kreismoerser Vereine. Wesentlich an deren Aufbau beteiligt war Günther Flathau, Hausmeister an der Trompeter Van-Gogh-Schule. Allerdings nahmen die Trainingsabende zunehmend die Züge eines Jugendtreffs an, das sportliche Training geriet in den Hintergrund, das Interesse bei den Heranwachsenden ließ nach. Das Heranführen an die weiteren Disziplinen war nicht gelungen, wohl auch wegen der räumlichen Distanz.

Ohne öffentliche Präsenz durch Schützenfeste und mit einer praktisch unbeachteten Randsportart, versteckt in Kellerräumen, existierte der Verein weitgehend unbeachtet vor sich hin. Stagnierende bis sinkende Mitgliederzahlen waren die Folge.

Der Schritt nach außen (2009-2012)

2009 schloss der Trompeter Hof. Der BSV Rheinhausen-Bergheim verblieb als einer der wenigen Mieter im damals schon maroden Trompeter Bahnhofsgebäude. Drei weitere Jahre hielten wir den Betrieb noch aufrecht, während zunehmende Feuchtigkeit dem Material zusetzte und die Räume mit elektrischen Heizlüftern geheizt werden mussten. Dann ergab sich durch die Vereinslauflösung der Rheinhauser Sportschützen die Möglichkeit, einen zweiten Trainingstag an der Krefelder Straße zu erhalten. Nachdem das Angebot an die anderen Schießsportvereine, einen zweiten Trainingstag für alle einzurichten, nicht wahrgenommen wurde, griff der Vorstand zu und sicherte den zweiten Tag für den BSV. Im Zuge dessen wurde Trompet 2012 aufgegeben. Der Abriss des Bahnhofgebäudes erfolgte zehn Jahre später.

Im gleichen Zeitraum lenkten mehrere Amokläufe durch legale Waffenbesitzer den öffentlichen Fokus auf den nahezu unbekannten Vereins-Schießsport. Kaum ein Außenstehender hatte eine Vorstellung, was Sportschützen überhaupt machen. Anstatt sich zu verstecken, reagierten wir darauf mit intensivierter Öffentlichkeitsarbeit. Daniela Breuer übernahm als Pressewart den Aufbau einer Homepage, die umfassend über den Schießsport und die Vereinsaktivitäten informiert. Der Verein entwickelte einen Informationsstand inklusive Lichtgewehr-Schießbahn, mit der wir regelmäßig beim Tag der Westvereine, beim Homberger Brunnenfest, bei Duisburg bewegt sich oder dem Parkfest der Rheinhauser SPD präsent waren oder sind. Die Resonanz war durchgehend wohlwollend bis positiv, die mediale Präsenz nahm zu.

Mit Sport, ohne Brauchtum, in die Zukunft

Als Schlüsselfaktor erwies sich dabei, gezielt damit zu werben, was schon seit 1975 Tatsache war: wir sind brauchtumsfrei. Dadurch konnten wir in den letzten zehn Jahren kontinuierlich Mitglieder gewinnen, die Schießsport betreiben wollen, mit dem traditionellen Schützenbrauchtum aber nichts anfangen können. Zum 100jährigen Vereinsjubiläum sind wir bei rund 90 Mitglieder angekommen. Knapp die Hälfte davon betreibt den Schießsport aktiv Wettkampfsportlich.

Was in der Liga schon lange Praxis ist, setzt der Verein seit 2015 ebenfalls um: die Trennung nach Geschlecht und Altersklassen bei Vereinsmeisterschaften wird aufgehoben.

Mit den Mitgliedern kam auch der sportliche Aufschwung.

2015 meldeten wir erstmal wieder je eine zweite Auflage-Mannschaft in Luftgewehr und Kleinkaliber-Gewehr zu den Kreisrundenwettkämpfen. 2024, bzw. 2025 kammen jeweils die dritte dazu.

Von 2015-2023 war der Verein mit einer Luftgewehr-Mannschaft in der Kreisliga vertreten, Mannschaftsführerin Daniela Breuer holte in jedem Jahr den Ligameistertitel in der Einzelwertung. Ein neues Team aus Nachwuchsportlern wächst grade heran und könnte in der Saisons 2026 wieder starten.

Schülerin Nicole Scharf wurde 2025 nach Platz 5 mit dem Luftgewehr bei der Landesmeisterschaft zum bundeweiten Nachwuchswettbwerb und Sichtungsschießen für den Jugendkader des Deutschen Schützenbundes eingeladen.

Die Pistolen-Mannschaft trat nach Covid in neuer Zusammensetzung an, legte in der Bezirksliga Luftpistole einen Durchmarsch in die Gruppe 2 hin.

2012, 2013, 2015 und 2017 schafften es unsere Kleinkaliber-Auflage-Schützen bis zur Deutschen Meisterschaft.

Gleichzeitig engagiert sich der Vorstand, und hier besonders Geschäftsführer Klauspeter Hennes, seit Jahren um den Erhalt und die Weiterentwicklung der nunmehr in die Jahre gekommene Sportanlage in der Sporthalle Krefelder Straße. In Eigenregie hatte der Vereine bereits 2015 den Luftgewehrstand rollstuhltauglich umgebaut.

Allerdings sind die Schießanlage für Wettkampfsport nicht mehr zeitgemäß. Hierfür sind elektronische Schießanlagen inzwischen Standard. In Rheinhausen schießen wir immer noch auf Papierscheiben, Ligawettkämpfe oberhalb der Bezirksklasse sind damit nicht möglich. Die Störanfälligkeit der 50 Jahre alten Technik kommt dazu.

Dramatisch wurde die Lage im Oktober 2023, als Duisburg Sport den Pistolenstand wegen zu schwacher Lüftung schloss. Die Instandsetzung wurde für das erste Quartal 2024 zugesagt. Der 01.04.2024 kam und geschehen war nichts. Erst ein Bericht in der NRZ setzte die Sache in Bewegung. Mitte Mai war die Lüftung erneuert, gerade rechtzeitig für die neu zur Bezirksliga gemeldete Sportpistolen-Mannschaft – die ein halbes Jahr lang nicht trainieren konnte.

Die Modernisierung der Schießanlagen als Grundlage für die weitere sportlichen Entwicklung ist damit die vornehmliche Herausforderung der kommenden Jahre. Die steigenden Mitgliederzahlen zeigen den eindeutigen Bedarf.